Brahms, Johannes (1833-1897)
All’meine Herzgedanken
All’meine Herzgedanken
[ ʔalma:enə hɛʁtsgədaŋkən Sind immerdar bei dir. zint ʔɪməʁdaʁ ba:e dir Das ist das stille Kranken, das ʔɪst das ʃtɪlə kraŋkən Das innen zehrt an mir. das ʔɪnən tse:rt ʔan mir Da du mich einst umfangen hast, da du mɪç ʔa:enst ʔʊmfangən hast Ist mir gewichen Ruh’ und Rast. ʔɪst mir gəvɪçən ru: ʔʊnt rast Der Masslieb und der Rosen dɛʁ masli:p ʔʊnt dɛʁ ro:zən Begehr’ich fürder nicht, bəge:rɪç fʏrdə:ʁ nɪçt Wie kann ich Lust erlosen, vi: kan ʔɪç lʊst ɛʁlo:zən | Wenn Liebe mir gebricht!
vɛn li:bə mir gəbrɪçt Seit du von mir geschieden bist, za:et du fon mir gəʃi:dən bɪst Hab’ich gelacht zu keiner Frist. habɪç gəlaxt tsu ka:enə:ʁ frɪst Gott wolle die vereinen, gɔt vɔlə di fɛra:enən Die füreinander sind! di fy:ra:enandə:ʁ zɪnt Von Grämen und von Weinen fon grɛmən ʔʊnt fon va:enən Wird sonst das Auge blind. vɪrt zɔnst das ʔa:ogə blɪnt Treuliebe steht in Himmelshut, trɔ:ʏli:bə ʃte:t ʔɪn hɪməlʃut Es wird noch alles, gut. es vɪrt nɔx aləs gut] |
Der Abend
Senke, strahlender Gott,
[ zɛŋkə ʃtra:lɛndə:ʁ gɔt Die Fluren dürsten di: flu:ɾən dʏrstən Nach erquickendem Tau, na:x ʔɛʁkvɪkɛndəm ta:o Der Mensch verschmachtet, de:ʁ mɛnʃ fɛʁʃmaxtət Matter ziehen die Rosse, matə:ʁ tsi:ən di: rɔsə Senke den wagen hinab. zɛŋkə de:n va:gən hɪnap Siehe, wer aus des Meeres zi:ə ve:ʁ ʔa:os dɛs me:rəs Krystallner Woge krɪstalnə:ʁ vo:gə Lieblich lächelnd dir winkt! li:plɪç lɛçlɛnt dɪʁ vɪŋkt Erkennt dein Herz sie? ʔɛʁkɛnt da:en hɛrts zi: Rascher fliegen die Rosse. raʃə:ʁ fli:gən di: rɔsə Thetys, die göttliche, winkt. te:tys di: gœtlɪçə vɪŋkt | Schnell vom Wagen
ʃnɛl fɔm va:gən Herab in ihre Arme hɛɾap ʔɪn ʔi:ɾɛ ʔarmə Springt der Führer. ʃprɪŋt de:r fy:ɾə:ʁ Den Zaum ergreift Kupido. de:n tsa:om ʔɛrgra:eft kupi:do Stille halten die Rosse, ʃtɪlə haltən di: rɔsə Trinken die kühlende Flut. trɪŋkən di: ky:ləndə flu:t Auf dem Himmel herauf ʔa:of de:m hɪməl hɛra:of Mit leisen Schritten mɪt la:ezən ʃrɪtən Kommt die duftende Nacht; komt di: dʊftəndə naxt Ihr folgt die süsse Liebe. ʔi:ʁ fɔlkt di: zy:sə li:bə Ruht und liebet! Phöbus, ru:ət ʔʊnt li:bət fø:bʊs Der Liebende, ruht. de:ʁ li:bəndə ru:t] |
Der Gang Zum Liebchen
Es glänzt der Mond nieder;
[ ʔɛs glɛntst de:ʁ mɔnt ni:də:ʁ Ich sollte doch wieder ʔɪç zɔltə dɔx vi:də:ʁ Zu meinem Liebchen, tsu: ma:enəm li:pçən Wie mag es ihr geh'n? vi: ma:k ʔɛs ʔi:ʁ ge:n Ach weh', sie verzaget und klaget ʔax ve: zi: fɛrtsagət ʔʊnt klagət Dass sie mich nimmer das zi: mɪç nɪmə:ʁ Im Leben wird seh'n. ʔɪm lebən vɪrt ze:n | Es ging der Mond unter,
ʔɛs gɪŋ de:ʁ mɔnt ʔʊntə:ʁ Ich eilte doch munter, ʔɪç a:eltə dɔx mʊntə:ʁ Und eilte dass keiner ʔʊnt ʔa:eltə das ka:enə:ʁ Mein Liebchen entführt. ma:en li:pçən ʔɛntfy:rt Ihr Täubchen, o girret, ʔi:ʁ tɔ:ʏpçən ʔo gɪrət Ihr Lüftchen, o schwirret, ʔi:ʁ lʏftç ʔo ʃvɪrət Dass keiner mein Liebchen, das ka:enə:ʁ ma:en li:pçən Mein Liebchen entführt. ma:en li:pçən ʔɛntfy:rt] |
Im Herbst
Ernst ist der Herbst.
[ ʔe:ʁnst ʔɪst de:ʁ hɛrpst Und wenn die Blätter fallen, ʔʊnt vɛn di: blɛtə:ʁ falən Sinkt auch das Herz zɪŋkt ʔa:ox das hɛrts Zu trübem Weh herab. tsu trybəm ve: heɾap Still ist die Flur, ʃtɪl ʔɪst di flur Und nach dem Süden wallen ʔʊnt nax de:m sy:dən valən Die Sänger stumm, di: zɛŋə:ʁ ʃtʊm Wie nach dem Grab. vi nax de:m grap Bleich ist der Tag, bla:eç ʔɪst de:ʁ tak Und blasse Nebel schleiern ʔʊnt blasə ne:bəl ʃla:eə:ʁn Die Sonne wie die Herzen ein. di: zɔnə vi di: hɛrtsən ʔa:en Früh kommt die Nacht: fry: kɔmt di: naxt | Denn alle Kräfte feiern,
dɛn ʔalə krɛftə fa:eəʁn Und tief verschlossen ʔʊnt ti:f fɛrʃlɔsən Ruht das Sein. ru:t das za:en Sanft wird der Mensch. zanft virt de:ʁ mɛnʃ Er sieht die Sonne sinken, ʔɛʁ si:t di: zɔnə zɪŋkən Er ahnt des Lebens ʔɛʁ ʔa:nt des lebəns Wie des Jahres Schluß. vi des ja:rəs ʃlʊs Feucht wird das Aug’, fɔ:ʏçt vɪrt das ʔa:ok Doch in der Träne Blinken dɔx ʔɪn de:ʁ trɛnə blɪŋkən Entströmt des Herzens ʔɛntstrœmt des hɛrtsəns Seligster Erguß. za:elɪçstə:ʁ ʔɛrgʊs] |
In Stiller Nacht
In stiller Nacht, zur ersten Wacht,
[ ʔɪn ʃtɪlə:ʁ naxt tsur ʔɛʁstən vaxt Ein Stimm begunnt zu klagen, ʔa:en ʃtɪm bəgʊnt tsu klagən Der nächtge Wind hat süss de:ʁ nɛçtgə vɪnt hat zʊs Und lind zu mir ʔʊnt lɪnt tsu mir Den Klang getragen; de:n klaŋ gətragən Von herbem Leid und Traurigkeit fon hɛrbəm la:et ʔʊnt tra:orɪçka:et Ist mir das Herz zerflossen, ʔɪst mir das hɛrts tsɛrflɔsən Die Blümelein, mit Tränen di: bly:məla:en mɪt trɛnən Rein hab ich sie all begossen. ra:en hap ʔɪç zi ʔal bəgɔsən | Der schöne Mond will untergahn,
de:ʁ ʃø:nə mɔnt vɪl ʔʊntərga:n Für Leid nicht mehr mag scheinen fy:r la:et nɪçt me:r mak ʃa:enən Die Sternelan ihr Glitzen stahn, di: ʃtɛrnəlan ʔi:r glɪt.tsən ʃta:n Mit mir sie wollen weinen. mɪt mir zi vɔlən va:enən Kein Vogelsang, ka:en fogəlzaŋ Noch Freudenklang nɔx frɔ:ʏdəŋklaŋ Man höret in den Lüften, man hø:ɾət ʔin de:n lʏftən Die wilden Tier traurn auch mit di: vɪldən ti:r tra:orn ʔa:ox mɪt Mir in Steinen und in Klüften. mɪr ʔɪn ʃta:enən ʔʊnt ʔɪn klʏftən] |
O Schöne Nacht
O schöne Nacht
[ ʔo ʃø:nə naxt Am Himmel ʔam hɪməl Märchenhaft erglänzt mɛrçənhaft ʔɛɾglɛntst Der Mond in seiner de:ʁ mɔnt ʔɪn za:enə:ʁ Ganzen Pracht; gantsən praxt Um ihn der kleinen ʔum ʔi:n de:ʁ kla:enən Sterne liebliche Genossenschaft. ʃtɛrnə li:plɪçə gənɔsənʃaft | O schöne Nacht
ʔo ʃø:nə naxt Es schimmert hell der ʔɛs ʃɪmərt hɛl de:ʁ Tau am grünen Halm; ta:o ʔam gry:nən halm Mit Macht im Fliederbusche mɪt maxt ʔɪm fli:dərbʊʃə Schlägt die Nachtigall. ʃlɛgt di: naxtigal Der Knabe schleicht zu de:ʁ knabə ʃla:eçt tsu Seiner Liebsten sacht. za:enə:ʁ li:pʃtən zaxt] |
O Süsser Mai
O süsser Mai,
[ ʔo sʏsə:ʁ ma:e Der Strom ist frei, de:ʁ ʃtrom ʔɪst fra:e Ich steh verschlossen, ʔɪç ʃte: fɛrʃlɔsən Mein Aug’ verdrossen; ma:en ʔa:ok fɛrdɔsən Ich seh nicht deine grüne Tracht, ʔɪç se: nɪçt da:enə gry:nə traxt Nicht deine nɪçt da:enə Buntgeblümte Pracht, bʔʊntgəbly:mtə praxt | Nicht dein Himmelsblau,
nɪçt da:en hɪməlsbla:o Zur Erd’ ich schau. tsur ʔɛʁt ʔɪç ʃa:o O süsser Mai, ʔo sʏsə:ʁ ma:e Mich lasse frei, mɪç lasə fra:e Wie den Gesang vi de:n gəzaŋ An den dunkeln Hecken entlang. ʔan de:n dʊŋkɛln hɛkən ʔɛntlaŋ] |
Waldesnacht, du Wunderkuhle
Waldesnacht du wunderkühle,
[ valdəsnaxt du vʊndəʁky:lə Die ich tausend Male grüß’. di: ʔɪç ta:ozənd malə grʏs Nach dem lauten Weltgewühle, nax de:m la:otən vɛltgəvy:lə O, wie ist dein Rauschen süß! ʔo vi ʔɪst da:en ra:oʃən zʏs Träumerisch die müden Glieder tra:oməʁɪʃ di: my:dən gli:də:ʁ Berg’ ich weich in’s Moos, bɛrg ʔɪç va:eç ʔɪns mo:s Und mir ist, als würd ich ʔʊnt mɪr ʔɪst ʔals vʏrt ʔɪç Wieder all der irren Qualen los. vi:də:ʁ ʔal de:ʁ ʔɪɾən kvalən los Fernes Flötenlied, vertöne, fɛrnəs flø:tənli:t fɛrtø:nə Das ein weites Sehnen rührt, das ʔa:en va:etəs ze:nən ry:rt Die Gedanken in die schöne, di: gədaŋkən ʔɪn di: ʃø:nə Ach, mißgönnte Ferne führt. ʔax mɪsgœntə femə fy:rt | Laß die Waldesnacht
las di: valdəsnaxt Mich wiegen, mɪç vigən Stillen jede Pein, ʃtɪlən jedə pa:en Und ein seliges Genügen ʔʊnt ʔa:en zelɪçəs gəny:gən Saug ich mit den Düften ein. sa:ok ʔɪç mɪt de:n dʏftən ʔa:en In den heimlich engen Kreisen ʔɪn de:n ha:emlɪç ʔɛŋən kra:ezən Wird dir wohl, du wildes Herz, vɪrt dɪr vo:l du vɪldəs hɛrts Und ein Friede schwebt mit leisen ʔʊnt ʔa:en fri:də ʃvɛpt mɪt la:ezən Flügelschlägen niederwärts. fly:gəlʃlɛgən ni:dəʁvɛrts Singet, holde Vögellieder, zɪŋət hɔldə fø:gɛli:də:ʁ Mich in Schlummer sacht! mɪç ʔɪn ʃlʊmə:ʁ zaxt Irre Qualen, löst euch wieder, ʔɪrə kvalən lœst ʔɔ:ʏç vi:də:ʁ Wildes Herz, nun gute Nacht! vɪldəs hɛrts nun gutə naxt] |
Wechsellied zum Tanze
(Die Gleichgültigen)
[ di: gla:eçgʏltigən Komm mit, o Schöne, kɔm mɪt ʔo ʃø:nə Komm mit mir zum Tanze; kɔm mɪt mɪr tsum tantsə Tanzen gehöret tantsən gəhø:rət Zum festlichen Tag. tsum fɛstlɪçən tak Bist du mein Schatz nicht, bɪst du ma:en ʃat.ts nɪçt So kannst du es werden, zo kanst du ʔɛs vɛrdən Wirst du es nimmer, vɪrst du ʔɛs nɪmə:ʁ So tanzen wir doch. zo tantsən vir dɔx Tanzen verherrlicht den tantsən fɛrhɛrlɪçt de:n Festlichen Tag. fɛstlɪçən tak (Die Zärtlichen) di: tsɛrtlɪçən Ohne dich, Liebste, ʔo:nə dɪç li:pstə Was wären die Feste? vas vɛrən di: fɛstə Ohne dich, Süße, ʔo:nə dɪç sʏsə Was were der Tanz? vas vɛrə de:ʁ tants Wärst du mein Schatz nicht, vɛrst du ma:en ʃat.ts nɪçt So möcht ich nicht tanzen, zo mœçt ʔɪç nɪçt tantsən | Bleibst du es immer,
bla:epst du ʔɛs ʔɪmə:ʁ Ist Leben ein Fest. ʔɪst lebən ʔa:en fɛst Laß sie nur lieben, las zi nur li:bən Und laß du uns tanzen! ʔʊnt las du ʔʊns tantsən Schmachtende Liebe ʃmaxtɛndə li:bə Vermeidet den Tanz. fɛrma:edət de:n tants Schlingen wir fröhlich ʃlɪŋən vir frø:lɪç Den drehenden Reihen, de:n dre:əndən re:ahən Schleichen die andern ʃla:eçən di: andɛrn Zum dämmernden Wald. tsum dɛməʁndən valt Laß sie sich drehen, las zi zɪç dre:ən Und laß du uns wandeln! ʔʊnt las du ʔʊns vandəln Wandeln der Liebe vandəln de:ʁ li:bə Ist himmlischer Tanz. ʔɪst hɪmlɪʃə:ʁ tants Amor, der nahe, ʔamɔɾ de:ʁ na:ə Der höret sie spotten, de:ʁ hø:rət zi spɔtən Rächet sich einmal, rɛçət zɪç ʔa:enmal Und rächet sich bald. ʔʊnt rɛɔət zɪç balt] |
Zum Schluß
Nun, ihr Musen, genug!
[ nun ʔi:ʁ mu:zən gənu:k Vergebens strebt ihr zu schildern, fɛrge:bəns ʃtrɛbt ʔi:ʁ tsu ʃɪldɛrn Wie sich Jammer und Glück vi ziç jamə:ʁ ʔʊnt glʏk Wechseln in liebender Brust. vɛçzɛln ʔɪn libɛndə:ʁ brʊst | Heilen könnet die Wunden
ha:elən kœnət di: vʊndən Ihr nicht, die Amor geschlagen, ʔi:ʁ nɪçt di: ʔamor gɛʃlagən Aber Linderung kommt einzig, ʔabə:ʁ lɪndeɾʊŋ kɔmt ʔa:entsɪç Ihr Guten, von euch. i:ʁ gutən fon ɔ:ʏç] |